Handel
Handel lässt sich archäologisch nur durch Gegenstände nachweisen, die eindeutig nicht an Ort und Stelle produziert wurden, deren Herstellungszentren womöglich bekannt sind oder die in immer gleicher Form eine weite Verbreitung aufweisen. Es sind bisher relativ wenige Gegenstände, bei denen mit letzter Sicherheit behautet werden kann, dass sie von außerhalb eingeführt wurden.
Zu den typischen Objekten, die diese Fragestellung immer wieder und auch am sichersten beantworten, gehört Steinzeug aus dem Rheinland. Im wesentlichen handelt es sich dabei um sogenannte Trichterhalsbecher, die im 15./16 Jahrhundert in Massen hergestellt und in ganz Europa verhandelt wurden. Selbst in Amerika tauchen sie noch auf. Entlang der Donau finden sie sich überall dort, wo intensivere Mittelalterarchäologie betrieben wird. So auch in Deggendorf, hier vor allem auf Grundstücken, die zu den Bürgerhäusern des Stadtplatzes gehörten, wie z.B. auf dem Haßfurter-Grundstück und in der Lateinschulgasse 11. Dies ist nicht verwunderlich, da diese Becher außerhalb des eigentlichen Herstellungsgebietes zum gehobenen spätmittelalterlichen Tafelgeschirr gehörten.
An zweiter Stelle sind die kleinen Püppchen aus Pfeifenton zu nennen. Die Fragmente stammen vom Schachinger Kirchhof, vom Haßfurter-Grundstück und von der Burg Natternberg. Diese Puppen sind über ganz Bayern und in den angrenzenden Nachbarländern verbreitet. Eine Produktionsstätte ist bisher nicht mit letzter Sicherheit bekannt, doch scheinen sich Grabmäler mit der auch für die Puppen üblichen Kopfbedeckung, dem Kruseler, besonders im Rhein-Main-Gebiet zu häufen. Sie liefern auch den Anhaltspunkt für die Datierung in die Zeit um 1400. Wegen der Häufigkeit an Funden kann auch Nürnberg nicht als Produktionsort ausgeschlossen werden. Allerdings sind auch dort nur die Produkte selbst bekannt.
Eine gänzlich andere, aber dafür umso interessantere Quelle für den Handel liefern die Pflanzenfunde aus den Brunnen. Bei ihnen zeigt sich zum einen der Austausch zwischen Umland und Stadt, zum anderen aber auch die Teilnahme am internationalen Handel. Als Belege für den regionalen Austausch gelten die Walderdbeeren aus dem Gäuboden und die Heidelbeeren aus dem Bayerischen Wald. Feigen dagegen, wie sie auch in Deggendorf gefunden wurden, hat man mit Sicherheit aus Südeuropa importiert, durch sie wird auch der „Luxus“ der Stadtbewohner deutlich.
Abgesehen von der Donau, der bedeutendsten Ost-West-Verbindung durch alle Zeiten, besitzt Deggendorf eine ganze Reihe von bisher unerforschten und undatierten Geländedenkmälern, die auf Verbindungen in den Bayerischen Wald hindeuten. So entpuppte sich ein Teil der angeblichen Schanzanlagen aus dem Österreichischen Erbfolgekrieg auf dem Geiersberg als Hohlwegsysteme, das teilweise noch 3 - 4 m eingetieft ist und die sich den ganzen Geiersberg hinaufziehen. Hohlwege und Hohlwegsysteme gelten als sicherster Nachweis für mittelalterliche und frühneuzeitliche Straßen. Sie blieben überall dort erhalten, wo sich Waldflächen befinden und überbrücken insgesamt einen Höhenunterschied von 150 bis 170 m. Obwohl bisher eine genaue Vermessung und Kartierung fehlt hat es den Anschein, als würden sich die verschiedenen Hohlwegsysteme an einer Stelle miteinander vereinigen, um dann quasi als mittelalterliche „Autobahn“ in den Bayerischen Wald Richtung Regen/Zwiesel hineinzuziehen.