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Die Muttersprache lesen und schreiben lernen

Kostenloser Unterricht für russlanddeutsche Grundschüler
Text von Stadt Deggendorf|Stand: 29.11.2013 08:04 Uhr|Lesedauer: 2 Minuten
Stolz zeigen die Kinder

Wenn Rektor Helmut Kaiser die Klassenlisten seiner Grundschule St. Martin durchblättert, findet er keine Klasse, in der nicht über die Hälfte der Kinder eine zweite Sprache spricht: „Es sind die wenigsten, die nur Deutsch sprechen.“ Bei einem Drittel der Grundschüler: 91 von insgesamt 285 Schülern: steht neben Deutsch Russisch als Muttersprache auf der Liste. In der Praxis sieht das meist so aus: Die Eltern sprechen zuhause Russisch mit ihren Kindern, diese verstehen die Sprache gut. Meist antworten die Kinder ihren Eltern jedoch auf Deutsch. Die Kenntnisse im Russischen sind rudimentär, die Aussprache ist ungenau, Schreiben und Lesen lernen die Kinder nicht.

Helmut Kaiser weiß, wie wichtig es ist, die Muttersprache gut zu beherrschen: Gute Kenntnisse in der Muttersprache wirken sich positiv auf den Erfolg im Deutsch-Unterricht und auf die geistige Entwicklung aus, das ist sprachwissenschaftlich erwiesen. Die Grundschule St. Martin arbeitet deswegen mit dem Interkulturellen Russlanddeutschen Verein zusammen. Einmal in der Woche kommt dessen Vorsitzende Katharina Bakaev an die Schule. Die Russlanddeutsche ist ausgebildete Pädagogin. Sie bietet am Donnerstagnachmittag freiwilligen Russisch-Unterricht für die Kinder an. Möglich ist das durch die Unterstützung durch den lokalen Aktionsplan „typisch Deggendorf“: Über das Bundesprogramm „Toleranz fördern: Kompetenz stärken“ wird das Projekt finanziert.

Bereits im letzten Schuljahr wurde der Unterricht durchgeführt. Nun sind in diesem Schuljahr noch einmal 17 Kinder aus den zweiten bis vierten Klassen hinzugekommen, die die Anfängergruppe besuchen. Katharina Bakaev trainiert mit ihnen zunächst, bei russischen Wörtern die einzelnen Laute herauszuhören. Wenn die Kinder alle Laute kennen und gut aussprechen können, werden den Lauten die kyrillischen Buchstaben zugeordnet. Nun können die Kinder die Laute miteinander kombinieren: und Wörter auf Russisch lesen. Mit dieser phonologischen Methode ist es möglich, die Sprache schnell zu lernen. Nichtsdestotrotz ist der Unterricht anspruchsvoll: Die Kinder haben nur eine Stunde pro Woche Zeit, sie müssen viel Stoff bewältigen.

An den Anfängerkurs schließt sich ein Fortgeschrittenenkurs an, den diejenigen besuchen können, die schon im letzten Jahr mit dem Russischunterricht begonnen haben. Sie haben bereits Lesen und Schreiben gelernt und setzen sich nun mit der Grammatik auseinander, vergleichen dabei die beiden Sprachen Deutsch und Russisch. Der Erfolg ist sichtbar, weiß Katharina Bakaev: „Die Kinder haben sich entwickelt. Man merkt bereits, dass sich ihr Wortschatz im Russischen vergrößert hat.“

Der Unterricht soll aber nicht allein den Grundschülern der St. Martin Schule zugutekommen. Auch Schüler von anderen Schulen sollen Gelegenheit haben, ihre Sprachkenntnisse zu verbessern, und dürfen sich gerne melden. Katharina Bakaev bietet auch einen Kurs in der Stadtbibliothek an, jeden Freitag von 15 bis 16 Uhr. Interessierte sind jederzeit willkommen. Für die Kinder und auch die Eltern der Grundschule St. Martin ist das Russisch-Angebot außerdem ein Zeichen, dass ihre Sprache und Herkunft an der Schule wertgeschätzt wird. Rektor Helmut Kaiser verabschiedet sich von den Kindern gerne mal auf Russisch, und bekommt von den Kindern ein begeistertes „do swidanija!“ zurückgerufen.

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