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Genau hingeschaut: die Deggendorfer Corona-Demos

Text von Stadt Deggendorf|Foto von Stadt Deggendorf|Stand: 15.07.2020 07:14 Uhr|Lesedauer: 1 Minute
Jan Nowak von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus in Bayern informiert den Begleitausschuss über die Deggendorfer Corona-Proteste
Bildnachweis: Kristina Pöschl

Die Zusammenkunft seiner Mitglieder nutzte der Deggendorfer Begleitausschuss von „Demokratie leben!“, um sich von Jan Nowak von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus in Bayern über die Deggendorfer Corona-Demonstrationen zu informieren.

Seit Anfang Juni finden regelmäßig an Montagen am Deggendorfer Stadtplatz Kundgebungen gegen die Coronaschutz-Maßnahmen statt. Jan Nowak hat die Zusammenkünfte und die Zusammensetzung der Teilnehmer an den Demos beobachtet. „Das sind in Deggendorf ganz klar rechte Proteste“, stellte er fest. Während zu Beginn die Zusammensetzung der Protestierenden in Bayern noch sehr heterogen gewesen sei, haben sich die Gruppen mittlerweile stark radikalisiert. In Deggendorf kommen nun regelmäßig etwa 30 bis 50 Personen auf der Straße zu Demonstrationen zusammen. Die maßgeblichen Organisatoren und etwa die Hälfte der Teilnehmer seien Neonazis und extreme Rechte. Sie gehören rechten Zusammenschlüssen wie „Aktionsbündnis Niederbayern“ oder „Regiment Deggendorf“ an und stellen ihre Weltanschauung auch öffentlich zur Schau durch NS-Symbole an ihrer Kleidung oder durch Tätowierungen. Diese Symbole und Abbildungen beziehen sich unter anderem auf Adolf Hitler oder die SS. „Das ist ganz offensichtlich rechts, für jeden erkennbar und alles andere als unauffällig.“

Die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus beobachtet die rechten Gruppen auch in den sozialen Netzwerken. Während die Redner bei Kundgebungen auf der Straße relativ zurückhaltend sind und versuchen, die Ängste und Sorgen von Bürgern aufzugreifen, sind die Inhalte in Telegram-Chatgruppen stark radikalisiert. Hier findet auch der Austausch über Verschwörungstheorien statt, die zum Beispiel besagen, eine Person „Q“ trage Insiderwissen aus dem Weißen Haus nach außen, ein „Deep State“ habe die Absicht, die Weltherrschaft zu übernehmen, Bill Gates wolle die Menschheit mit Mikrochips zwangsimpfen oder Angela Merkel wolle das deutsche Volk auslöschen.

Insgesamt bewertete Jan Nowak die derzeitigen Entwicklungen als gefährlich. Durch die sozialen Netzwerke erfahren Verschwörungstheorien in der Gesellschaft noch größere Verbreitung. Der Antisemitismus nehme zu. Radikalisierte wähnen sich in einer Situation, in der sie Gewalt anwenden müssen, um ihr Widerstandsrecht durchzusetzen und sich gegen vermeintliche Diktaturen zu wehren. Die größte Gefahr sieht der Referent darin, dass die Adressaten von Kundgebungen und vor allem Verschwörungstheorien sich von der liberalen Demokratie abwenden und in Zukunft von radikalen Gruppen leichter ansprechbar sind.

Es sei wichtig, die Entwicklungen im Auge zu behalten, sich inhaltlich damit auseinanderzusetzen und sich auch klar öffentlich gegen die rechten Proteste zu positionieren, vielleicht auch durch eine symbolische Aktion in Deggendorf. Auch im privaten Umfeld kann jeder aktiv werden und die inhaltliche Auseinandersetzung mit Bekannten suchen, die mit Verschwörungstheorien sympathisieren.

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